Endlich klappt es mit dem Schlafen etwas besser – zack, da ist er auch schon, der nächste Entwicklungsschub. Das Kind wacht wieder mehrfach nachts auf und besteht auf sein nächtliches Fläschchen. Muss das sein? Dabei lief es die letzten Wochen doch so gut und entspannt. Manchmal fällt es schwer, das Positive am Entwicklungsschub zu sehen. Denn zunächst einmal empfinden wir die Veränderung als anstrengend. Doch damit vergeben wir uns auch eine große Chance: nämlich, den Entwicklungsschub gut zu begleiten und zu für den Schlaf zu nutzen.
Entwicklungsschub – Bedrohung oder Fortschritt?
Häufig wird uns suggeriert, dass Schübe etwas Bedrohliches und Beängstigendes sind. Dabei sind es ganz normale Entwicklungsschritte, die das Kind langsam zu immer mehr Selbständigkeit führen. Bei jedem Sprung lernt das Kind etwas neues – hurra! Zeit, sich wieder mehr auf die positiven Aspekte zu konzentrieren! Denn wie wir als Eltern einen Schub wahrnehmen und darauf reagieren, beeinflusst natürlich auch, wie unser Kind damit umgeht. Das gibt uns die Chance, unser Kind bei seiner Entwicklung zu unterstützen anstatt unter den Schüben zu leiden. Wie du das angehen kannst, erfährst du weiter unten.
Verschlechtert ein Entwicklungssprung den Schlaf?
Häufig wirken sich Entwicklungsschübe – zumindest zeitweise – auf den Schlaf aus. Vor und während eines Schubes kommen viele Babys schlechter zur Ruhe und tun sich mit dem Einschlafen schwerer. Das Bedürfnis nach Nähe steigt – sowohl tagsüber als auch beim Schlafen. Babys schlafen unruhiger und wachen häufiger auf als zuvor, brauchen wieder mehr Unterstützung beim Schlafen, verlangen nachts wieder häufiger Fläschchen oder Brust. Ist der Schub nach ein paar Tagen oder Wochen vorbei, klappt es meist auch mit dem Schlafen wieder besser.
Doch manchmal ist die Zusatzunterstützung beim Entwicklungssprung danach zum neuen Standard geworden. Beispiel: Ein Kind, das schon ganz ohne Flasche nachts ausgekommen ist, bekommt während des Sprungs jede Nacht 3 Fläschchen. Der Schub ist längst vorbei, doch das Kind wacht nachts weiterhin für seine Fläschchen auf. So kann ein Entwicklungsschub der Beginn von Schlafschwierigkeiten sein. Falls du deinem Kind zeitweise ein Mehr an Einschlafunterstützung gibst, solltest du diese nach dem Schub schrittweise wieder herunterfahren.
Den Schub für die Schlafentwicklung nutzen
Wenn dein Kind beim Entwicklungsschub etwas Neues gelernt hat, kannst du die neuen Fähigkeiten mit deinem Kind üben und so seine Schlafentwicklung unterstützen. Diese beiden Schritte helfen dir dabei:
1. Wahrnehmen, was das Kind neues gelernt hat
2. Das eigene Verhalten und die Abläufe dem neuen Entwicklungsstand anpassen
Dies möchte ich dir gerne mit zwei Beispielen verdeutlichen:
Beispiel 1: Erster Schub
1. Wahrnehmen, was das Kind neues gelernt hat:
Schon beim ersten Schub mit ca. 5 Wochen erwacht beim Baby das Bedürfnis nach Kommunikation. Das Baby kann bereits den Gesichtsausdruck und die Mimik der Eltern wahrnehmen. Die innere Uhr des Babys beginnt sich auszubilden und reagiert auf Signale aus seiner Umwelt.
2. Das eigene Verhalten und die Abläufe dem neuen Entwicklungsstand anpassen:
Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, intensiver mit deinem Baby zu kommunizieren – auch wenn es um den Schlaf geht. Zeigt dein Baby Müdigkeitsanzeichen, solltest du diese benennen ohne sie zu bewerten, z.B.: „Ich sehe, du gähnst. Du bist müde. Wir gehen jetzt schlafen.“ Auch wenn dein Baby noch nicht jedes Wort versteht, gibst du deinem Kind schon früh ein Gespür dafür, wie sich „müde sein“ anfühlt. Es lernt, wie seine Mutter oder sein Vater in dieser Situation mit ihm umgeht und gibt ihm Sicherheit und Vorhersehbarkeit. Das Gefühl der Müdigkeit wird mit dem Schlafen verknüpft.
Um die Entwicklung der inneren Uhr des Babys zu unterstützen, empfiehlt es sich schon jetzt, kleine Alltagsroutinen einzuführen, die als zeitliche Orientierung dienen. Siehe hierzu auch mein Blogartikel zum Einschlafritual.
Beispiel 2: Siebter Schub
1. Wahrnehmen, was das Kind neues gelernt hat:
Dein Kind will gerne alles selber machen? Dieser Wunsch wird häufig mit 10-11 Monaten deutlich ausgeprägter. Das Kind kann schon selbständig Gegenstände holen wie z.B. seinen Schnuller.
2. Das eigene Verhalten und die Abläufe dem neuen Entwicklungsstand anpassen:
Nun ist eine gute Zeit, auch beim Thema Schlafen mehr Selbständigkeit zu fördern und das Einschlafritual ein wenig anzupassen. So kannst du dein Kind z.B. auffordern, seinen Schlafanzug und sein Kuscheltier selbst zu holen und sich selbst ins Bett zu legen. Das stärkt das Selbstbewusstsein des Kindes und vermindert Konflikte beim Zu-Bett-Bringen.
Was ist noch hilfreich bei Entwicklungsschüben?
- Zeit zum Üben: Was dein Baby im Entwicklungsschub gelernt hat, möchte es natürlich auch ausprobieren. Nimm dir die Zeit, dein Baby üben zu lassen, auch wenn es manchmal etwas länger dauert. Versuche möglichst wenig einzugreifen sondern beobachte dein Kind einfach und bestärke es. Lernt dein Kind z.B. gerade, sich durch den Raum zu rollen um an seine Rassel zu kommen? Warte ab, bis dein Kind es alleine schafft anstatt ihm die Rassel zu geben. So förderst du seine Selbständigkeit und Selbstwirksamkeit.
- Viel Geborgenheit und Nähe geben: Bei einem Sprung hat das Baby viel zu verarbeiten – sein Gehirn läuft quasi auf Höchstleistung. Kein Wunder, dass es dabei Unterstützung und Nähe sucht. Wenn dein Kind mehr als sonst auf den Arm möchte, kann vielleicht eine Babytrage entlasten. Auch Unterstützung durch Partner oder Oma ist jetzt gefragt.
- Ruhepausen einbauen: So viel Neues zu lernen ist auch anstrengend. Wenn dein Kind Anzeichen von Überforderung zeigt wie Blick abwenden oder Quengeln, gönne ihm eine Pause. Zieht euch gemeinsam zurück an einen ruhigen reizarmen Ort, an dem dein Kind herunterfahren kann.
- Rituale sind eine wunderbare Möglichkeit um dem Baby Vorhersehbarkeit und somit Sicherheit zu geben. Gerade in den Entwicklungsschüben solltet ihr besonders auf wiederkehrende Abläufe (z.B. beim Einschlafritual) achten.